Der Israel-Abend beim 9. Deutschen Evangelischen Kirchentag in München hatte den Anstoß gegeben, eine Arbeitsgruppe zu bilden, die dem Verhältnis der Christen zu den Juden besondere Aufmerksamkeit schenken sollte. Daraus ging die Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Kirchentag hervor, die seit dem Berliner Kirchentag 1961 regelmäßig diesen Themenschwerpunkt vorbereitete. So kamen am 25. Juli 1963 in der Dortmunder Westfalenhalle ca. 7000 Kirchentagsbesucher zusammen, um Vorträge von Dr. Ernst Ludwig Ehrlich, Basel, und Professor Walther Zimmerli, Göttingen, zu den Themen „Treue und Hoffnung der Juden“ sowie „Die Schuld am Kreuz“ zu hören. An den Folgetagen fanden an fünf Orten in der Stadt Aussprachen mit zum Teil sehr heftigen Diskussionen statt.

Die Aussprache im Atlantis-Kino ist im offiziellen Berichtsband des Kirchentages gut  dokumentiert:

Als jüdischer Vertreter stellt sich Rabbiner Robert Raphael Geis, Düsseldorf, den Fragen und geht auch auf vorurteilsbehaftete, antijüdische Polemik mit großer Geduld ein. Diese Geduld mit den getrennten Geschwistern – so seine Überzeugung – erwächst aus dem Glauben. Für einen Holocaust-Überlebenden ist es schwer zu ertragen, wenn Hitler als Vollstrecker des Fluchs über das jüdische Volk gedeutet wird. Geis erwähnt die Christen, die vor und nach 1933 Widerstand geleistet haben. Freundschaftlich verbunden ist er mit Hans Joachim Iwand, der mit der Botschaft der Bibel Ernst macht und selbst nach 1945 von Flüchtlingsverbänden als „Judenschwein“ geschmäht wurde.

Geis

Professor Dr. Dietrich Goldschmidt stellt rückblickend auf diesen Kirchentag fest: „Der Dortmunder Kirchentag zeigte, wie ungewohnt der christlichen Gemeinde im ganzen diese Gedanken noch sind, wie wenig sie darauf vorbereitet ist, umzudenken und sich neue theologische Erkenntnisse, die doch eigentlich nur die Wiederentdeckung des ursprünglichen Evangeliums zum Inhalt haben, anzueignen.“

Geschrieben von Kirche-und-Zeit