Der Laienprediger Gustav Hötter (1904-1977) hat während des Zweiten Weltkriegs regelmäßig in Dortmund gepredigt, so auch am 29. August 1943. An diesem 10. Sonntag nach Trinitatis wird traditionell der „Judensonntag“, heute „Israelsonntag“ gefeiert. Prediger Hötter legt Lukas 19, 41-48 aus und geht der Frage nach, warum Jesus über Jerusalem weint und die Zerstörung der Stadt ankündigt. Ausführlich zitiert er die alttestamentlichen Flüche über Israel und deutet die Zerstörung der Stadt und des Tempels – wie seit Jahrhunderten üblich – als Strafgericht Gottes. Auf die gegenwärtigen Juden nimmt Hötter mit einer bemerkenswerten Unterscheidung Bezug: Anders als bei den „Geschäfts- und Politikjuden, die überall ihren Gewinn und Vorteil suchen“,  ist er ergriffen von solchen Juden, die noch an der Klagemauer in Jerusalem stehen und auf den Messias hoffen. Die jüdischen Nachbarn, die seit Januar 1942 zu Tausenden aus Dortmund deportiert wurden, erwähnt er mit keinem Wort. Stattdessen tradiert er – zeitgleich zum Holocaust – die überlieferte Judenfeindschaft.

Predigt Hötter 10. S.n.Tr

Geschrieben von Kirche-und-Zeit