Im Herbst 1947 bildet Gerhard Trubel (1917-2004), der an der Landeskirchenmusikschule in Dortmund angehende Kirchenmusiker unterrichtet, aus Schülern dieser Einrichtung und einigen „geliehenen Stimmen“ einen kleinen leistungsfähigen Chor, mit dem er anspruchsvolle historische und zeitgenössische Werke der Kirchenmusik einstudiert. Bereits am 21. Dezember des Gründungsjahres gibt der Chor in der evangelischen Kirche in Opherdicke sein erstes Konzert. Über die intensiven Übungsstunden heißt es: „Es ist mancher Tropfen Schweiß beim Dirigenten wie auch bei den Chormitgliedern geflossen, um allen Anforderungen gerecht zu werden.“ In den Folgejahren macht sich der Chor weit über Dortmund hinaus einen Namen und wird in verschiedene Orte Nordrhein-Westfalens zu Konzerten eingeladen. Nach und nach zieht Trubel Instrumentalisten und Gesangssolisten hinzu, bildet einen eigenen „Kammermusikkreis der Kantorei“ und ein Solistenensemble.

Im Bach-Jahr 1950 – das 500. Todesjahres des Komponisten – bringt die Kantorei eine Reihe von Kantaten und Motetten des Thomaskantors zu Gehör.

Die Uraufführung von Trubels „Deutscher Choralmesse“ 1951 wird später vom Nordwestdeutschen Rundfunk ausgestrahlt; weitere Rundfunk- und Fernsehübertragungen folgen.

Zum 10-jährigen Bestehen der Kantorei findet am 3. November 1957 in der Petri-Notkirche in der Luisenstraße ein geistliches Konzert statt, das mit der Motette für achtstimmigen Doppelchor von Leonhard Schröter „Wo der Herr nicht das Haus baut“ abschließt.

Im Heinrich-Schütz-Jahr 1972, zugleich das 25. Jahr der Dortmunder Kantorei, steigert Trubel nachmals die Klangentfaltung des Chores, indem er den 100. Psalm in der Vertonung von Schütz einstudiert mit dem Hauptchor im Altarraum und zwei Echochören im Turmraum und auf der Orgelempore der Marienkirche.

Die Presse würdigt regelmäßig die Konzerte der Kantorei und bescheinigt ihrem Leiter: „In Gerhard Trubel verkörpert sich die Vielseitigkeit eines Musikers, verbunden mit dem Beispielhaften einer zähen Arbeit und einer schöpferischen Phantasie. — eines Musikers, dessen Interessenbereich dem Vorbarock ebenso gilt wie der Moderne. — als Komponist der zeitgenössischen Musiksprache eigenwillig und konsequent verbunden.“ (Ruhr-Nachrichten vom 27.01.1968)

Der Chorleiter verfügt nicht nur über eine herausragende musikalische Begabung; er versteht es auch, die Konzerte des Chores für gute Zwecke zu vermarkten. So erbringt der Verkauf einer Schallplatte mit dem Weihnachtskonzert der Kantorei einen Erlös von mehr als 100.000 DM, die der Aktion „Brot für die Welt“ zu Gute kommen.

Im Jahr 1986, nach 39 Jahren, nimmt Trubel Abschied von „seiner“ Kantorei. Die Nachfolge übernimmt die Kantorin Ruth Jürging, die den Chor 27 Jahre – bis zu ihrem Tod im Jahr 2013 – leitet. Dann löst sich der Chor auf.

Geschrieben von Kirche-und-Zeit