Gottfried Traub, 1901-1912 Pfarrer der Reinoldigemeinde, ist durch seine zahlreichen Publikationen und die öffentliche Auseinandersetzung um seine Entlassung aus dem kirchlichen Dienst über Dortmund hinaus als streitbarer Vertreter des Liberalismus bekannt geworden (siehe „Evangelisch in Dortmund 1521 bis 2017“, S. 230f.) Die langjährigen Konflikte um seine theologische Position verstellen leider oft den Blick auf den begnadeten Prediger und Seelsorger Gottfried Traub. Mit seinen wortgewaltigen Predigten und der einfühlsamen Tätigkeit als Seelsorger hat er nicht nur in seiner Gemeinde hohe Wertschätzung erfahren.

Seine gedruckten Andachten und Besinnungen („Gott und die Welt“, Berlin-Schöneberg 1908; „Ich suchte Gott!“-Andachten, Jena 1912; „Aus suchender Seele“, Stuttgart 1913), die großenteils zuvor in Zeitschriften erschienen sind, finden auch in Buchform weite Verbreitung. In alltäglichen Begegnungen entdeckt er „Erlebnisse des Ewigen in der Zeit“. Er vermeidet  die Sprache der christlichen Tradition und versucht, überlieferte Begriffe neu zu füllen und mit seinen aufgeklärten, humanen Überzeugungen zu verbinden. An die Stelle eines dogmatischen Christentums setzt er den Versuch, seinen Glauben immer wieder neu zu formulieren. Denn der Mensch darf sich nicht einbilden, er könne Gott mit den eigenen „engen Bildern, kargen Worten“ und begrenzten Kenntnissen „an die Kette legen“. „Wer Gott erkennen will, der wird oft den Boden unter den Füßen verlieren müssen“ („Ich suchte Gott“, S. 173).

Traub will Menschen nicht belehren, sondern mit ihnen leben, sie begleiten und ihnen helfen, ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Das eigene Gewissen und die persönliche Überzeugung dulden weder Bevormundung noch Zwang. Daraus ergibt sich für ihn eine grundsätzliche Kritik an kirchlicher Hierarchie und institutioneller Macht.

Traub macht Betriebsbesichtigungen und ist beeindruckt von Hochöfen und großen Maschinenhallen: „Das ganze Getöse der Maschinenräume mit ihrem Ächzen, Zischen, Stöhnen, Krachen, Sausen und die weite Tonleiter der Geräusche, für die es keinen Namen gibt, die uns aber in einem großen Werk auf Schritt und Tritt begleiten, ist mir ein Genuß.“ („Gott und die Welt“, S. 154). Die Industrialisierung mit den Zechen und Hüttenwerken und die damit einhergehende moderne Maschinentechnik faszinieren Traub auf der einen Seite; andererseits bleibt ihm das soziale Elend in der schnell wachsenden Großstadt nicht verborgen. Die Tatsache, dass in Dortmund innerhalb einer Woche neunzig Säuglinge sterben, veranlasst ihn zu deutlichen Worten: „Aus  Tausenden von Kindergräbern hört man nur einen einzigen unheimlichen Schrei gegen die menschliche Gesellschaft und ihre Wirtschaftsordnung“ („Aus suchender Seele“, S. 75). Er fordert humane Arbeitsbedingungen und muss doch zusehen, dass „Menschen wie ein Lasttier keuchen“ („Ich suchte Gott“, S. 102)

Traub über Arbeit

Traub über 95jährige Frau

Lebenslauf Traub

Disziplinarverf. Brief Traub

Beschwerde Presbyt. Reinoldi

LkA_EKvW_3_4_3_Traub

(LkA EKvW 3-4-3 Traub)

Geschrieben von Kirche-und-Zeit